22.01.2008
Süddeutsche Zeitung pyysi minulta analyysia suomalaisesta johtamiskulttuurita. Pyynnön taustalla oli Nokia päätös sulkea Bochumin tehdas. Juttu julkaistiin 22.1.2008. Linkki
Die Geschichte hat uns Finnen gelehrt, stets zu tun, was nötig ist – manchmal kann die Kommunikation darunter leiden.
Eine Außenansicht von Risto E. J. Penttilä, Direktor des Finnischen Business- und Politikforums
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Die Entscheidung der Firma Nokia, eine Fabrik in Bochum zu schließen, hat die Aufmerksamkeit in Deutschland auf den finnischen Managementstil gelenkt. In den Augen finnischer Firmenlenker ist das wichtigste Charakteristikum eines erfolgreichen Chefs, in der Lage zu sein, jederzeit schwierige Entscheidungen zu treffen. Zugleich wird nichts als eindeutigeres Indiz für einen schwachen Chef gesehen als das Vermeiden von schwierigen Entscheidungen.
Finnen mögen es, sich mit ihrem liebsten Konkurrenten zu vergleichen, Schweden. Beim Managementstil ist der Kontrast zwischen beiden Ländern stark. Laut einer gemeinsamen finnisch-schwedischen Studie legt die schwedische Firmenkultur mehr Wert auf einen korrekten Prozess. Jedem die Chance geben, gehört zu werden – dies wird in Schweden als wichtiger erachtet als der tatsächliche Inhalt oder der Zeitpunkt einer Entscheidung. In Finnland dagegen konzentriert man sich darauf, die richtige Entscheidung zur richtigen Zeit zu treffen. Wenn man so sehr Wert auf das Handeln legt, kann die Kommunikation manchmal darunter leiden.
Dieser ergebnisorientierte Führungsstil kann teilweise mit Finnlands Geschichte erklärt werden. Während des Kalten Krieges verteidigte das Land seine Freiheit durch einige sehr unpopuläre, aber notwendige Entscheidungen. Niemand – abgesehen von einer kleinen Minderheit von Kommunisten – wollte, dass Finnland einen Freundschaftsvertrag mit der Sowjetunion unterschrieb. Trotzdem wurde der Vertrag unterschrieben, weil die Politiker ihn als überlebenswichtig erachteten. Dass sie gleich neben dem sowjetischen Giganten lebten, lehrte die Finnen, dass Überleben wichtiger ist als Stil.
Nokia in Notlage
Die vergangenen 15 Jahre haben die finnische Wirtschaft sehr gefordert. Einige haben von einer Achterbahnfahrt gesprochen. Wie immer man das sehen mag, auf jeden Fall kann Finnlands Firmenkultur nur verstanden werden, wenn man die Auswirkungen der Wirtschaftskrise der frühen neunziger Jahre mit in Betracht zieht. Sie setzte nach einer sehr guten Phase ein und traf das Land hart. Es handelte sich um die tiefste Rezession in einem OECD-Land nach dem Zweiten Weltkrieg. Finnische Wirtschaftsführer und Politiker machten hier prägende Erfahrungen. Für sie zeigte sich damals die Bedeutung entschiedenen Handelns.
In den frühen Neunzigern waren sowohl Finnland als auch Nokia beinahe bankrott. Als Folge des Zusammenbruchs der Sowjetunion hatte Finnland fast 25 Prozent seiner Exporte eingebüßt. Die Arbeitslosenrate erreichte 20 Prozent. Nokia befand sich ebenso in einer Notlage. Die Haushaltselektronik der Firma war höchst unprofitabel. Die Banken drehten dem Konzern den Rücken zu. Es gab Gerüchte über eine unmittelbar bevorstehende Übernahme durch eine ausländische Gesellschaft.
Dies war der Punkt, an dem eine kleine Gruppe von Führungskräften dachte, Nokia solle sich auf die Mobilkommunikation konzentrieren und sich von allen anderen Geschäftsfeldern trennen. Sie brachte diese Idee dem Vorstand nahe und begann, dies zu exekutieren. Zur selben Zeit beschloss die finnische Regierung, sich auf die sehr harten Kriterien des Maastricht-Vertrags einzulassen (wobei jeder dachte, dass es für das rezessionsgeplagte Finnland völlig unrealistisch sei, diese Kriterien zu erfüllen) sowie die Mitgliedschaft in der EU anzustreben.
Der Rest ist sozusagen Geschichte. Ende der neunziger Jahre war Nokia der größte Hersteller von Mobiltelefonen auf der ganzen Welt, und Finnland galt als das wettbewerbsfähigste Land der Welt. Während dieses Prozesses war die gesamte finnische Industrie sowie der Bankensektor des Landes restrukturiert worden. Menschen wurden entlassen, aber allmählich wurden neue Jobs geschaffen. Die Lektion für finnische Führungskräfte war klar: Handeln führt zu Erfolg, Tatenlosigkeit wird bestraft.
Das Nokia-Team, das in den frühen neunziger Jahren die richtigen Entscheidungen getroffen hatte, wurde von Jorma Ollila angeführt, dem heutigen Vorsitzenden. Eine der Schlüsselfiguren in seinem Team war Olli-Pekka Kallasvuo, der heutige Vorstandschef. Zahlreiche der weiteren Mitglieder der Gruppe mögen nun anderswo hingegangen sein, aber die Vermutung dürfte zutreffen, dass die Präferenz dafür, große Entscheidungen richtig zu treffen, weiterhin zum Wesen der Firma gehört.
Gleichwohl geht es beim finnischen Managementstil nicht nur darum, mit großen Entscheidungen aufzuwarten. Es geht darum, den Baum immer wieder zu beschneiden. Im Unterschied zu seinen Konkurrenten hat Nokia es geschafft, Massenentlassungen zu vermeiden. Ericsson und Motorola mussten Zehntausende Menschen loswerden. Der Grund dafür, dass Nokia relativ erfolgreich darin war, solch drastische Maßnahmen zu vermeiden, war konstante Wachsamkeit. Die Führung will nicht, dass ihr die Dinge entgleiten – so wie es Anfang der neunziger Jahre der Fall war.
Finnland ist unhierarchisch
Die Schließung von Bochum ist nun einer der größten Schritte dieser Art für das moderne Nokia. Einer Firma, die immer stolz darauf war, Massenentlassungen zu vermeiden, muss das sehr schwergefallen sein. Kein Zweifel, für die Arbeiter ist es noch härter. Aber Nokia ist kein Einzelfall. Alle Konkurrenten haben die Handyproduktion in Deutschland schon viel früher eingestellt – der hohen Kosten wegen.
Bereit zu sein, harte Entscheidungen zu treffen, und zwar, ohne dass es zuvor ausführliche Konsultationen gegeben hätte – dies mag sich sehr nach hierarchischem Denken anhören. Aber das ist es nicht. Große finnische Firmen sind erstaunlich unhierarchisch. Jeder, der eine gute Idee hat, wird angehört. Statt einer hierarchischen Struktur gibt es eine klare Arbeitsteilung: Das Management-Team entscheidet, die Mannschaft setzt um. Nachdem das Managementteam die strategischen Entscheidungen gefällt hat, hat die Mannschaft aber alle Freiheit, sie auf die ihrer Meinung nach bestmögliche Weise umzusetzen.
Schwedische Unternehmensführer vertreten manchmal die Ansicht, der beste Managementstil der Welt wäre eine Kombination aus finnischer Entschlossenheit und schwedischer – oder deutscher – Bereitschaft, jedermann an Entscheidungen zu beteiligen. Vermutlich würden viele Deutsche dem zustimmen.
(SZ vom 22.1.2008/bön)